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Ganz Polen ist eine Motocrosspiste ... Ganz Polen ?

Seit Jahren wollten Hedi und ich mal zusammen in den Urlaub fahren. Natürlich mit dem Mopped - dafür ist es ja schließlich da. Da es immer gut ist wenn man da jemanden kennt und Jürg Kern auch im Russenboxerforum ist bot es sich natürlich an, mal dort in Polen nachzufragen und das auszumachen. Ein Volltreffer wie sich gezeigt hat und ausdrücklich uneingeschränkt zu empfehlen. Also haben wir die Hühner gesattelt und los gings.

Mit Klick auf eins der Bilder kommt die volle Auflösung (3872 x 2592, ca. 4 MB pro Bild). Da mein Upload-Stream nicht gerade schnell ist kann das Ladezeiten geben.

Das Ziel: Bi's Kern's in Polen.

Da das Ziel ca 1200 km entfernt ist und wir nicht so lange am Stück wegkönnen wie Beamte (wir sind beide selbstständig) haben wir eine Woche gebucht und uns für die An- und Abreise jeweils 3 Tage eingeplant. 3- bis 400 km am Tag gehen als "Urlaub" gerade noch durch, alles andere wäre pure Hektik und unnötiger Streß.

Die Familie Kern (das sind Grazyna und Jürg) sind vor 7 Jahren nach Polen ausgewandert und haben da das Feriengelände im polnischen Outback mit viel Arbeit und Liebe zum Detail aufgebaut. Jürg ist ehemaliger Feuerwehrmann und Moto-Cross-Fahrer. Man merkt's bei den Ausfahrten ;-)

1. Tag: Freitag, 24.07.2009: Abfahrt

Am Vorabend hatte ich schon mal alles ins Boot gepackt damit wir am Freitag zeitig hier wegkommen. Natürlich ist die Gehhilfe (Suzuki LS650) mal wieder nicht angesprungen. Wir haben schnell den Inhalt des Bootes in den Hänger gepackt - Gepäcknetz 'drüber und los ging die Reise.

Erstmal hier gemütlich über Marktheidenfeld, Karlstadt nach Werneck und am Dreieck Werntal auf die neue A71 durch die Rhön und den Thüringer Wald in Richtung Erfurth. Auf dem ersten Parkplatz in der Rhön wollten wird dann mal einen Kaffee kochen, der Wind war aber zu stark.

Dann weiter auf der Bahn bis zur Raststätte Riedener Wald und da dann einen Kaffee heruntergeschluckt. Dann gib es durch die Rhön, über die Landesgrenze nach Thüringen. Es kam was kommen mußte: Wasser. Und zwar viel. Es hat geschüttet wie aus Eimern, die vielen Tunnel durch den Rennsteig waren der einzige "Lichtblick". Komplett naß dann weiter in Richtung Erfuth (das Wetter wurde besser, vom Wolkenbruch zum "normalen" Regen). Beim Kreuz Erfurth dann weiter in Richtung Osten, über Weimar und Jena zum Hermsdorfer Kreuz (mittlerweile war es sogar mal trocken).

Weiter auf der A9 und an Leipzig vorbei, es war mittlerweile ca 16 Uhr und wir haben angefangen, eine Pension für die Nacht zu suchen. Also bei Wittenberg 'runter von der Piste und mal durch die Dörfer gefahren.

Erste Anlaufstelle war in Pülzig die "Fidele Kutscher Klause". Wirklich fidel, sie feierten gerade Weihnachten. Alle mit roten Zipfelmützen und einem stilecht geschmückten Weihnachtsbaum im Garten: "Das machen wir immer im Sommer weil's da viel schöneres Wetter hat". Die Jungs waren auch schon recht angeschlagen ... Leider war kein Zimmer mehr frei "wegen Weihnachten", der Wirt war aber so nett mal per Telefon herumzuhorchen und hat auch 'was gefunden. Unspektakuläre Pension in Dobien (Wittenberg) "Stadt Brandenburg".

2. Tag: Samstag, 25.07.2009: Weiter nach Norden

Am nächsten Morgen sind wir wieder auf die A9, weiter in Richtung Norden. Am Dreieck Potsdam weiter auf die A10 bis zum Dreieck Spreeau, von dort weiter um Berlin herum auf die A11 in Richtung Stettin. Kurz vor der Grenze kamen einige Autobahnkilometer Marke "Deutschlands Rache an Polen" (kleine fiese Betonplatten die sich aufgewölbt hatten) und irgendwie hatten wir auch für diesen Tag die Nase voll mit Autobahnbrettern.

Also bei Storkow die Piste verlassen und mal durch die Gegend geschaut. Gelandet sind wir dann im "Deutschen Haus" in Grünz (Stadt Penkun). Nach den Zipfelmützen hätte mich eigentlich nichts mehr erschüttern können, aber dort stand eine alte Tupolew im Garten. Auch mal 'was. Die Wirtsleute wollten dan Zimmer einbauen, die Behörden sind da aber leider quergeschossen. Das wäre ein Quartier gewesen. Das "Deutsche Haus" ist sehr zu empfehlen, nicht teuer und richtig gute Küche. Wohnen kann man im Haus oder kleinen Hütten.

Sieh mal einer an: Eine Tupolev im Garten

Es ist eine TU-134A, Baujahr 1965 und von der Stasi geflogen. Sie macht 900 Sachen und kann 2500 km weit fliegen (also 'raus aus der DDR ?).

Die Dinger verstehen sich, ist doch klar ...

3. Tag: Sonntag, 26.07.2009: Über die Grenze nach Polen

Es hat noch einige Male ordentlich geschüttet und wir wollten am Morgen wieder weiter. Wir, aber TO nicht. Sobald ich die Zündung eingeschaltet habe ist irgendeine (!) der SIcherungen rausgeflogen. Schließlich hat sich herausgestellt, daß, wenn die Lima abgeklemmt ist, alles funktioniert. Dank Autobatterie 44 Ah kein Problem. Also weiter in Richtung Polen.

Nach einigen km auf der Bahn ging es über die Grenze auf einer perfekt neu gebauten Autobahn (in Polen nennt die sich A6) an Stettin vorbei. Dort wurde aus der Autobahn die "Rache Polens an der A11". Heftige Löcher mit Betonplatten dazwischen. Die Schüttelei war so heftig daß der Stecker der Zündung abgefallen ist (hatte ich vermutlich bei der Fehlersuche am Morgen nicht richtig eingerastet). Also weiter über die Straße 142 in Richtung Ziel. Je weiter wir nach Polen hineinfuhren umso besser wurden auch die Straßen. Also immer weiter auf der 20 bis uns in Chocivel (Freienwalde) eine Vollsperrung mit Umleitung aus der Bahn warf. Wir haben uns auf der Umleitungsstrecke ordentlich verfahren und sind irgendwo in einem echten polnischen Provinznest gelandet. In einem Vorgarten haben sich zum Glück einige Jugendliche recht heftig mit diversen Bierkisten und Wodka beschäftigt, sie haben uns dann erklärt wie wir die 20 wiederfinden.

Die polnischen Schildermaler sind recht kreativ, die Beschilderung etwas "unlogisch". Schilder mit Tempo 70 stehen vor jeder Kurve die mehr als 2ø Krümmung hat und komplett einsehbar ist, 40 warnt entweder vor einem Schlaglochgewitter mit Löwengruben oder ist halt mal so einfach da. Die Einheimischen sehen diese Schilder eh mehr als unverbindliche Empfehlung. Wie hier auch. Über Drawsko Pom (Dramburg) und Caplinek (Tempelburg) sind wird dann in Lubowo dank einen Riesenschildes richtig abgebogen und haben Dank weiterer Schilder Jürgs Anlage gefunden.

Wir waren schlagkaputt, erstmal haben wir uns mit Jürg ein Paar Bierchen genemigt und ein wenig umgesehen. Jürgs Anlage ist eine Original Schweizer Enklave (mit Schweizer und Appenzeller Fahne, eine Kuh aus Plastik und perfekt ausgestattet). Eines der Ferienhäuser hatten wir gemietet, von einer kleinen Küche bis zu Bad mit Dusche/WC war alles sinnvoll und so richtig mit Herz und Kopf hergerichtet. Das Gelände liegt malerisch im Wald an einem See, einfach traumhaft und alles in Schweizer Präzisionsqualität. Hätte ich in Polen (einem Land aus Edelgammel mit sehr vielen Baustellen und einer immensen Ruhe) nie erwartet.

Nach der Reise waren wir erstmal recht erledigt und sind früh schlafen gegangen. Ich vermute, Jürg war erstaunt das wir mit dem Gespann gekommen sind und nicht per Dose ...

Die Scheizer Enklave in Polen. Stilecht mit der Schweizer und der Fahne des Kantons Appenzell. Dazwischen etwas traurig das polnische Fähnchen.

Zivilisation in der Wildnis. "Ich bin da" sagt die Treppe.

Blick vom Zaun auf das Feriengelände.

Die Ferienhäuser. In Schweizer Perfektion gebaut, eingerichtet und ausgestattet.

4. Tag: Montag, 27.07.2009: Ausfahrt nach Borne Sulinowo

Wir haben und mal in der Gegend etwas umgeschaut, in der Umgebung gibt es einige kleine Orte. Alle verbunden mit traumhaft schönen Alleen und abenteuerlichen Straßenbelägen (Asphalt bis Sand, alles da). Aber es paßt alles zusammen, eigentlich eine Waldlandschaft aus einem Guß.

Die Straße zu den 70 ha Nußbäumchen.

Straße in den Nachbarort.

Straße nach Lubovo

Hedi ist mit Jürg dann erstmal einkaufen gefahren, ich habe mich in die Garage gehockt und mal nach meinem Elektrik-Problem gesehen. Es war ganz banal: Ein aufgescheuertes Kabel das ich beim Tankeinbau eingeklemmt hatte. Das war schnell gefixt.

Am Nachmittag kam dann Krystof aus dem Nachbarort mit seiner Dnepr MW650 vorbei. Eine richtig schöne alte Dnepr mit Beiwagenantrieb und Differentialsperre.

Borne Sulinowo ist eine Stadt, die erst mit Abzug der Soviets wie Phönix aus der Asche ans Licht der Landkarte getreten wurde. Zuerst waren die Deutschen da, dann die Russen und alle haben ihre Spuren dort hinterlassen. Sehr interessant sich das mal anzusehen.

5. Tag: Dienstag, 28.07.2009: Szczecinek (Neustettin)

Vormittags haben wir und einmal Szczecinek (Neustettin) angesehen, eine recht hübsche Kleinstadt die gerade für den Tourismus hergerichtet wird. Die Stadt liegt malerisch um einen See herum und hat einiges an Kneipen, Geschäften und Baustellen zu bieten. Auch diese genialen polnischen Metzgereien.

Nachmittags sind wir über einen Waldweg (=Landstraße) in den Nachbarort, haben Krystof mit seiner Dnepr abgeholt und sind mal mach Borne Sulinovo gefahren - natürlich direkt um den See herum. Kleinste Orte, Straßen und Wege. Alles historisch geprägt von erst dem deutschen und dann dem sovietischen Militär. Jedem, dem die Hose beim Gedanken an zackige Militärs naß wird, geht da voll einer ab. Mir nicht so, dazu waren auf den einschlägigen Friedhöfen einfach zu viele Leichen im Keller.

6. Tag: Mittwoch, 29.07.2009: Tausende Nußbäumchen und ein Gespann

Vormittags war ich mit Hedi in Borne Sulinowo auf einen Kaffee, nachmittags überkam sie dann die Lust am Gespannfahren. Was lag also näher wie der benachbarte Acker auf dem die EU kleine niedliche Nußbäumchen auf 70 ha Fläche angesiedelt hatte (die Pflänzchen waren 5 Jahre alt und mickrige 2 Handbreit hoch. Mein Nußbaum ist auch 5 und 3 m hoch). Sie hat's dann probiert und ist immer mutiger über den Acker geschürt. Die Pflänzchen liegen im Raster 20 m und sind ja noch klein - also keine Gefahr (für mich. Ich saß im Boot). Aber es ging ganz gut. Fast alle Bäumchen haben das auch ganz gut überstanden.

Eines der niedlichen Bäumchen, vorher ...

... und nachher.

7. Tag: Donnerstag, 30.07.2009: Die Mädels fahren Gespann

Daß Hedi mit TO herumbrettert konnte Grazyna (Jürgs Frau) natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Um den guten Nuß-Willen der EU nicht weiter zu strapazieren hat Jürg seinen Wiese geöffnet und beide Damen durften mal ran. Jürg und ich im Boot. Nach vielen Umrundungen (die Baumgruppe in der Mitte blieb intakt) ging es weiter zu den EU-Bäumchen. Nach einer weiteren Runde sind wir alle wieder wohlbehalten zurück. Am Abend haben uns Grazyna und Jürg zum Grillen eingeladen (ein genialer polnischer Grill). Einfach saugut.

Aller Anfang ist schwer. In diesem Fall schwer treten.

Es geht schon besser. Todesmutig sieht Jürg dem sich nahenden Zaun ins Auge.

Nix kaputt. Während der Fahrt habe ich natürlich Fotos gemacht. Leider sind die ziemlich verwackelt. Irgendwie kein Wunder ;-)

8. Tag: Freitag, 31.07.2009: Der letzte Tag

Es ist leider der letzte Tag. Nachmittags geht es mit Jürg nochmal so richtig durch die Landschaft. Wir sind über Lubowo in Richtung Norden, durch kleine Orte und an recht vielen Seen vorbei, sogar eine alte und nicht mehr so ganz intakte Burg war dabei. Schließlich sind wir auf einem alten Sowiet-Flugplatz gelandet und haben die 2,5 km mal getestet. Gebaut wurde der Flughafen (eigentlich nur ein Rollfeld mit ein Paar Bunkern) zur Invasion (der russischen Version des unseligen "Endsiegs"). Nach einem Kaffee sind wir dann wieder in die endlosen Wälder eingetaucht, vorbei an netten, aber nicht entzifferbaren Warnschildern mit einem Affenzahn über die Buckelpisten und Schlaglöcher. Jürg war nicht zu halten. Abends haben wir noch ein Paar Abschiedbierchen genossen, leider konnte wir nicht mehr jassen (die Schweizer Antwort auf Schafkopfen).

9. Tag: Samstag, 01.08.2009: Heimfahrt

Hedi muß Montag früh wieder im Laden sein, also müssen wir leider los. Gegen 8 Uhr haben wir die Sachen gepackt und haben Jürgs Schweiz verlassen. Wir sind den gleichen Weg wie auf der Hinfahrt gefahren, an die die Straßen hatten wir uns ja eh gewöhnt, also Hahn auf und ab. Gegen mittag sind wir über die Grenze nach Deutschland, 10 km Standspur am Stau auf der A11 vorbei, dann um Berlin herum bis Wittenberg. Dort haben wir uns wieder in Dobien (Wittenberg) "Stadt Brandenburg" eingemietet.

10. Tag: Sonntag, 02.08.2009

Um 8 wieder weiter auf der A9 in Richtung Süden. Bei Jena haben wir auf einem Parkplatz mit Schild Kaffeetasse echte Thüringer gegessen, einfach zum Niederknien. Ab der Rhön hat's dann mal wieder geschüttet. So gegen 16 Uhr waren wir dann endlich wieder zuhause (Max hatte erst am Dienstag mit uns gerechnet und so sah's auch aus). Seit Erfurth nur heftiger Gegenwind.

Fazit

Ein wunderbarer Urlaub !